Wie schon das vorangegangene Jahr war 2008 von zahlreichen Einzelereignissen geprägt, die dem Jahr in der Bilanz das meteorologische Prädikat "heiter bis wolkig" bescheren könnten. Im ersten Quartal hat Silke wohl die meisten Stunden ihrer Wachzeit zuhause hinter ihrem Schreibtisch verbracht, denn in diesem Schuljahr hat sie zum ersten Mal einen Deutsch-Leistungskurs durchs Abitur begleitet. Gerade in dieser Periode war ich sehr froh, dass mein Job mir nicht allzuviel Aufregungen bescherte und es vor allem zugelassen hat, für Ulrike da zu sein, wann immer es nötig war - und das war doch ziemlich häufig. Die Lage entspannte sich über den Sommer wieder etwas, doch zum Jahresende zog die Arbeitsbelastung bei uns beiden wieder deutlich an. Speziell meine Hoffung ist, dass die gegenwärtige konjunkturelle Großwetterlage keine allzu gravierenden Folgen für meinen Arbeitgeber haben wird und wir bis zu Ulis Aufnahme in einen Kindergarten im Sommer 2009 unser 50:50-Betreuungsmodell aufrecht erhalten können.
Wie in dem Alter nicht anders zu erwarten, hat Ulrike sich in alle Richtungen deutlich weiterentwickelt. Fernsehen können wir im Grunde genommen abschaffen, da sie selbst ständig neue Geschichte erfindet und ihrer Umwelt mitteilt. Auch Lieder werden schon einmal umgedichtet oder zu einem Potpourri zusammengestellt, wenn es ihr gerade richtig erscheint. Ganz besondere Begeisterung entwickelt Uli seit Herbst für das antike Ägypten. Nicht genug damit, dass unsere Wohnzimmer so gut wie jeden Abend wie ein mittels Playmobil inszeniertes Aida-Bühnenbild aussieht, sondern das Madamchen hat natürlich auch sogleich auf die entsprechende Literatur gedrungen. So jongliert sie inzwischen mit Götternamen wie Anubis, Horus und Isis ebenso selbstverständlich wie mit denen von Winnie Pooh, Peter Pan oder Ernie und Bert. Mein ägyptenbegeisterter Vater sitzt vermutlich da oben auf seiner Wolke und feixt über seine einfallsreiche Enkelin.
Eine besonders ehrenvolle Aufgabe wurde Uli als Blumenkind bei der kirchlichen Trauung unserer Freunde Steffi und Jan am 19. Juli zuteil. Schon in den Wochen vorher hatte sie ihren Einsatz wacker mit Lego-Duplo-Blumen im Wohnzimmer geprobt - und dann prompt auch bei ihrem tatsächlichen Einsatz die Blumen hinterher wieder eingesammelt.
Eine regelrechte Urlaubsreise haben wir auch 2008 noch nicht unternommen, wenigstens aber einige Tagesausflüge. So machte Uli erstmals Bekanntschaft mit mehr oder minder wilden Tieren: Nach einer Generalprobe mit den Großeltern im hiesigen Zoo Stöckheim machten wir uns am 6. August zu dritt auf Richtung Zoo Magdeburg. Bei unserem Tagesausflug nach Hannover eine Woche später sind wir mit dem einmaligen Schrägaufzug an der Rathauskuppel in die Dachlaterne hinaufgefahren und haben den (leider an dem Tag bescheidenen) Rundblick über die Stadt und das Umland genossen. Der besonderen sportlichen Herausforderung, Uli samt Karre auf den Schlossberg zu bugsieren, stellten wir uns Ende Oktober in Wernigerode. Ein besonderes Hightlight waren aber auch die Braunschweiger Mobilitätstage Anfang Oktober, bei denen wir mitsamt Ulis beiden Patenonkeln Harald und Thorsten in allerlei Bus- und Straßenbahnoldtimern mitgefahren sind.
Über das Jahr entwickelten sich einige neue Kontakte und schon bestehende wurden wieder aufgefrischt, so dass auch die Lust am Weiterforschen und -publizieren langsam wiederkehrt. Der australische Historiker Hugh Page Taylor löcherte mich im Frühjahr mit zahlreichen Nachfragen, während er den zweiten Band seiner Geschichte der deutschen Polizei abschloss. Meinem Englisch haben die zeitweise drei bis vier E-Mails am Tag gewiss sehr gut getan.
Meine Dissertation zur Technischen Nothilfe brachte mir eine Einladung des THW-Präsidenten Albrecht Broemme ein, den ich am 26. Februar am Sitz des THW-Länderverbands Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt in Berlin-Charlottenburg getroffen habe. Greifbare Ergebnisse für die weitere TN-/THW-Geschichtsforschung hat unser angenehmes Gespräch bei Kaffee und Keksen zwar noch nicht gezeitigt, aber man kennt sich nun wenigstens schon einmal persönlich.
Am 28. August habe ich auf Einladung der Hamburger Feuerwehrhistoriker e.V. einen Vortrag "Feuerwehr im Luftschutz" in der Alten Feuerwache Hamburg-Harburg gehalten, in dem das dortige Helms-Museum auch eine Sonderausstellung zum Brandschutz in der Hansestadt gezeigt hat.
Für den "Tag der braunschweigischen Landschaft" in Königslutter am 14. September hatte man sich überlegt, bedeutende Persönlichkeiten aus der Geschichte des Austragungsortes darzustellen, um auf das im letzten Jahr erschienene Braunschweigische Biographische Lexikon aufmerksam zu machen. Angetan mit Theaterkostümen, in meinem Fall aus Rollenspielbeständen von Schwager Christian, mischten sich im realen Leben hochseriöse Historikerinnen und Historiker u.a. als Kaiser Lothar III., Richenza von Zähringen und Samuel Hahnemann unters Volk. Mich ereilte ausgerechnet die Darstellung des Ablasspredigers Johann Tetzel, welcher der Sage nach von einem vorwitzigen Ritter um seine üppigen Einnahmen beraubt worden war, nachdem dieser zuvor einen Ablassbrief für eine noch zu begehende Sünde erworben hatte. So wandelte ich nun zwischen Marktplatz und Dom auf und ab, verteilte mehrere hundert "meiner" Tetzel-Autogrammkarten und machte auf das Preisausschreiben am Stand der Arbeitsgruppe Geschichte der Braunschweigischen Landschaft e.V. aufmerksam. Fast wäre ich sogar von einer Laiendarstellertruppe aus Schöppenstedt angeworben worden, die sich auf die Epoche des Dreißigjährigen Krieges verlegt hat. Besonders launige Kommentare kamen aus der Menge, als ich dann im Mönchsgewand die Kinderkarre samt Uli über das holprige Kopfsteinpflaster geschoben habe.
An einer militärgeschichtlichen Tagung des Arbeitskreises für die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts der Historischen Kommission für Niedersachen und Bremen habe ich am 29. November in Hannover teilgenommen. Aus diesem Kreis erhoffe ich mir neue fruchtbare Kontakte für künftige Forschungen und Publikationen.
Besonders gefreut hat mich aber, dass am 8. Dezember nun endlich nach über sechs Jahren der von mir redaktionell betreute Beitrag des Arbeitskreises Braunschweiger Luftfahrtgeschichte in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte des braunschweigischen Landes erschienen ist (siehe Publikationen). Demgegenüber habe ich mich aus dem für 2010 ins Auge gefassten Buchprojekt zur regionalen Luftfahrtgeschichte aus zeitlichen, persönlichen und fachlichen Gründen ganz zurückgezogen.
Treffender müsste dieser Punkt eigentlich "Krankheiten" überschrieben sein - glücklicherweise auch dieses Jahr wieder mit Uli als absoluter Ausnahme, die sich einer beneideswert guten Konstitution erfreut. Dafür haben wir Eltern gerade im ersten Halbjahr so ziemlich alles an kursierenden Erkältungen und grippalen Infekten mitgenommen, was man überhaupt bekommen konnte. Dementsprechend sah auch unser Krankenstand aus.
Getoppt wurde dies bei mir aber noch durch die Entdeckung einer befremdlichen Beule im Leistenbereich am Ende der Sommerferien. Der Hausarzt stellte schließlich fest, dass es sich um einen angeborenen, jetzt aber akut gewordenen Leistenbruch handelt, der möglichst bald operiert werden sollte. Auch wenn das hier vor Ort darauf spezialisierte Krankenhaus Marienstift nur fünf Fußwegminuten entfernt liegt und uns schon bestens bekannt war, erfasste mich doch ziemliche Panik. Ein Krankenhausaufenthalt und dazu noch eine Operation unter Vollnarkose waren für mich doch etwas ganz neues. Erschwerend kam noch hinzu, dass das gerade erst wieder beginnende Schuljahr und die Tatsache, dass die Schwiegereltern zu dieser Zeit mit ihrem Wohnmobil irgendwo im nördlichen Finnland unterwegs waren, uns vor ein Betreuungsproblem für Uli zu stellen drohten. Also hatte ich möglichst über sieben bange Wochen bis zu den Herbstferien durchzuhalten. Erfreulicherweise bereitete mir der Bruch in dieser Zeit keine Beschwerden, so dass unser gewohnter Alltag bis dahin praktisch uneingeschränkt weiterlaufen konnte. Vor allem dank Ulis aufmunternden Wesens bin ich dann erstaunlicherweise innerlich vollkommen ruhig am 13. Oktober ins Krankenhaus gegangen, das ich nach dem minimalinvasiven Eingriff bereits nach zweieinhalb Tagen wieder verlassen konnte. Die folgenden anderthalb Wochen Rekonvaleszenz taten mir ausgesprochen gut, zumal der Eingriff nur minimale und zeitlich sehr begrenzte Nachwirkungen nach sich gezogen hat. Am Ende der Herbstferien konnte ich bereits wieder ohne jede Einschränkung meiner Arbeit nachgehen und für die Familie sorgen. Trotz des rückblickend guten Verlaufs hätte ich auf diese besondere Erfahrung, insbesondere die quälende Wartezeit bis zur OP, liebend gern verzichtet.
Vor dem Hintergrund unserer kleineren und größeren Wehwehchen ist es schon erstaunlich, dass wir auf unseren "Dauerbaustellen" doch ein gutes Stück weitergekommen sind:
Am Hinterhaus habe ich um Ostern mit Putzarbeiten im Erdgeschoss begonnen. Dank der tatkräftigen Arbeit von (Schwieger-)Vater Karl wurden alte Holzstürze über der Wohnraumtür und dem großen Fenster gegen Ziegelstürze ausgetauscht sowie eine Heizung im Aufgang zum Obergeschoss installiert. Die im Winter immer klamme feuchte Ecke im Bereich der dortigen Eingangstür gehört somit endlich der Vergangenheit an. Auch das letzte alte Fenster im Erdgeschoss wurde durch ein modernes mit Unterlicht ersetzt. Einige kleinere Elektroarbeiten (u.a. neue Klingel für das Obergeschoss) rundeten unser diesjähriges Baupensum im Hinterhaus ab.
Unsere neue Wohnungstür erhielt im Oktober endlich ihren Blendrahmen, so dass nach den Anputzarbeiten nur noch ein Neuanstrich der umgebenden Wände im Frühjahr folgen muss. Kurz vor Weihnachten wurde auch noch eine neue Haustür angeliefert und montiert.
Im Spätherbst mussten wir leider auch noch zwei unserer drei großen alten Flieder fällen, da sie von innen total verfault waren und umzustürzen drohten. Bei der Gelegenheit wurde auch dem überbordenen Knöterich an der Westfassade des Haupthauses der Garaus gemacht.
Die spaßige Weisheit "Der beste Zeitpunkt zur Anschaffung einer Modelleisenbahn ist die Geburt einer Tochter" hat sich bei mir mit rund zwei Jahren Verspätung doch noch bewahrheitet. Nun dreht gelegentlich auf dem Wohnzimmerteppich, künftig jedoch im neuen Arbeitszimmer im Hinterhaus eine Märklin-H0-Eisenbahn ihre Runden. Doch das ebenso schnell raumgreifende wie nicht ganz preiswerte Hobby soll auf keinen Fall ausufern, sondern eher durch Klasse als Masse Spaß machen. Auf diese Weise habe ich auch meine seit fast zehn Jahren darniederliegende Leidenschaft für Modellbau wiedererweckt und jetzt erst die seit drei Jahren fertig gestellte "Bastelküche" im Hinterhaus tatsächlich in Betrieb genommen.
Demgegenüber kann ich den Punkt "Motorrad" ganz kurz abhandeln: Es sind kaum 1000 km im Jahr geworden. Eine einzige, dafür aber sehr schöne Nachmittagstour habe ich am 3. Mai unter der Führung meines Freundes Fiete durchs Leinebergland zum Motorradmuseum Wickensen bei Eschershausen mitgemacht. Für weitere Touren war leider keine Gelegenheit, weil entweder das Wetter, die Zeitplanung oder die Gesundheit nicht mitspielten.
Zum zweiten Mal waren wir am 13. Dezember am Lebendigen Adventskalenders unserer Kirchengemeinde beteiligt. Leider war der Zuspruch sehr verhalten. Dessen ungeachtet hat Uli die Weihnachtszeit in vollen Zügen genossen und erwies sich bei den Liedern schon als textfester als ihre Eltern. Allerdings ereilte uns pünktlich vor (erst Uli, dann Silke) bzw. direkt zum Weihnachtsfest ein so gemeiner grippaler Infekt, dass ich das Fest zumindest für uns drei kurzerhand zu einem "beweglichen Feiertag" erklärt habe. Nun wird nachgefeiert, wenn es allen wieder richtig gut geht - spätestens am 7. Januar, dem Weihnachtsfest der orthodoxen Kirche.
Die guten Vorsätze und Wünsche für das Neue Jahr sind im Grunde dieselben wie im zu Ende gehenden Jahr. Es wird sich zeigen, ob wir es 2009 wieder häufiger schaffen, nur als Paar etwas gemeinsam zu unternehmen. Dieses Jahr waren wir ohne Uli genau einmal unterwegs, als wir am Hochzeitstag von unseren Trauzeugen zum Abendessen eingeladen worden waren - und selbst dann hielten wir noch aus lauter Gewohnheit gleich nach dem Hochstuhl Ausschau. Das muss doch mal wieder anders werden...